LET IT
 
GROW!
Performativität des Materials
Halten, greifen, formen, falten, geben, heben, werfen: Mit unseren Händen bewegen und ordnen wir Materialien, wir stellen sie her, benutzen sie, werfen sie weg. Wie wäre es, wenn wir uns vorstellten, die Materialien bewegten uns? Nimm doch mal etwas in die Hand, was neben Dir liegt. Beobachte, wie Deine Finger sich um die Form des Materials legen, sich dessen Form anpassen. Wie formen die Materialien, die uns umgeben, unsere Bewegungen, Gesten, Haltungen? Wie gliedern sie unsere Körper in unterschiedlicher Weise, formen sie zu dem, was sie sind und sein werden? Wovon träumen die Materialien, wenn sie uns umhüllen, tragen, bedecken, verwandeln?
Das Bioplastik erinnert mich an getrocknete Haut, Leder, oder auch eine Insektenlarve. Es riecht stark süßlich, nach Fruchtessig und Stärke. Der Geruch verstärkt den Eindruck, es mit einem organischen, lebendigen Material zu tun zu haben. Je mehr es austrocknet, desto härter und brüchiger wird es. Der Geruch lässt dann nach. Es zieht sich dabei immer weiter zusammen. Risse entstehen. Wie auf einer ausgetrockneten Ebene, wo die Erde sich in Schollen zusammenzieht. Wird das getrocknete Plastik wieder nass, löst es sich Schicht für Schicht in schleimige Flüsse auf.
Eine meiner Forschungsfragen lautet, was für eine Ästhetik mit der Verwendung solch einer Art von Material entstehen würde. Die Brüchigkeit und Fragilität der abstrakten Objekte aus Stärke, Essig und Wasser fordern zu einem vorsichtigen und behutsamen Umgang auf. Sonst gehen sie einfach kaputt, zerbrechen, fallen auseinander. Sie sind unpraktisch. Sie stinken. Sie verändern ihre Form. Natürlich kann man in der Herstellung immer bessere Rezepte finden, um sie haltbarer, leistungsstärker und handhabbarer zu machen. Aber mir gefällt, dass sie "ungehorsam" und eben schwer zu "handhaben" sind. (tbc)